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Schon seit der Antike zukunftsfähig

  • Autorenbild: Ricarda Hoffmann
    Ricarda Hoffmann
  • 4. Feb.
  • 4 Min. Lesezeit
Gerüste sind ein wichtiger Bestandteil der Bauindustrie. Sie dienen als Arbeitsplattform, überbrücken Strassen, bilden Nottreppen und Notdächer, stehen in Industriehallen und Tunneln, werden bei allerlei Renovierungsarbeiten benötigt und vieles, vieles mehr. Für Handwerker, Architekten, Bauherren und andere ist der Einsatz von Gerüstkonstruktionen heutzutage völlig selbstverständlich. Die Geschichte des Gerüstbaus ist ein jahrtausendealtes altes Handwerk, welches sich zusammen mit den Baustilen und Materialien der jeweiligen Epoche gemeinsam entwickelt hat. Immer wieder wurden - und werden auch heute noch - neue Anforderungen an den Gerüstbau gestellt. Dies wiederum führte immer wieder zu Innovationen.

Schon in der Antike entwickelten Menschen einfache Gerüstkonstruktionen, um an schwer erreichbare Stellen von Gebäuden und anderen Konstruktionen zu gelangen.
  • 17.000 bis 15.000 v.u.Z.: In der Höhle von Lascaux (Frankreich), Weltkulturerbe der UNESCO, wurden Deckenbilder in sieben Meter Höhe gemalt. Dieser Höhe wegen wird davon ausgegangen, dass die Menschen dieser Zeit ein Gerüst dazu benutzen mussten, um ihre Malereien anzubringen. Vielleicht ist der erste Gerüstbau sogar noch älter, denn neuere Forschungen lassen vermuten, dass die Höhle aus den Jahren ca. 36.000 – 19.000 v.u.Z. stammt. Somit wäre die Kunst des Gerüstbaus zwischen 21.000 und 38.000 Jahre alt!
  • 1.450 v.u.Z. Im alten Ägypten nutzten die damaligen Architekten Holzstützen, Brettern und einfachen Knotenverbindungen, um prächtige Statuen und Tempel einzurüsten. Verwendet wurden Weidenzweige sowie Seile aus Papyrus oder Sisal. Um die knappen Rohstoffe sinnvolle einzusetzen, wurden damit wohl nur wichtige Bauten eingerüstet. Der griechische Historiker Herodot berichtete von gerüstartigen Strukturen auf jeder Ebene der Pyramiden. Diese vergleichsweise einfachen Konstruktionen wurden verwendet, um schwere Blöcke anzuheben, aus denen und Pyramiden errichtet wurden. Allein die große Pyramide wurde aus 2,3 Millionen solcher Steinblöcke erbaut, von denen jeder einzelne zwischen 25 und 80 Tonnen wog. Ohne Gerüste und weitere Hilfsmittel wäre dieses Weltwunder nie entstanden.
  • 8. Jahrhundert v.u.Z. - 500 u.Z. : Im antiken Griechenland gibt es Belege dafür, dass bereits im 5. Jahrhundert v. Chr. Holzgerüste verwendet wurden. Auch die Römer nutzten einfache Gerüstkonstruktionen, um ihre sehr innovativen Gebäude wie das Kolosseum und Viadukte zu bauen. Das Erbe dieser Imperien wären wohl ohne den Gerüstbau gänzlich anders ausgefallen.

Beispiele für Bambusgerüste in Asien

  • Altes China: In China wurden die Weichen für den modernen Gerüstbau gelegt. Hier wurden Bambusrohre mit Seilen zu Gerüstkonstruktionen verschnürt, die durchaus Ähnlichkeit mit dem heutigen Gerüstbau aufweisen. Zu Beginn, im Jahre 220 v.u.Z., nutzen die Bauherren der berühmte Chinesischen Mauer solche Bambusgerüste, um die ersten bis zu 16 Meter hohen Abschnitte dieses Monuments zu bauen. In vielen Teilen Asiens werden Gerüste heute noch auf die gleiche Weise mit Bambus gestellt.
Stichwort Nachhaltigkeit: Bambus besitzt eine hohe Tragfähigkeit und sorgt auch in extremen Höhen für Stabilität und Sicherheit. Der sehr schnell nachwachsende Rohstoff rückte seiner Nachhaltigkeit wegen in das Interesse westlicher Ingenieure. Unter anderem prüfte die TU Darmstand Bambus als Gerüst- und Baumaterial. Als Traggerüst kann dieses Material nicht eingesetzt werden und entspricht nicht den westlichen Sicherheitsstandards. Vermutlich wird sich Bambus daher hierzulande nicht als Gerüstmaterial etablieren.

  • Mittelalter (500-1500): Im Mittelalter veränderte sich die europäische Architektur und Bautechniken. Dadurch gewannen Gerüste an Bedeutung. Gefragt waren Holzkonstruktionen, die stark genug waren, um Arbeiter und Baumaterialien zu tragen. Für mittelalterliche Gerüste wurden häufig Zapfenverbindungen verwendet, um die einzelnen Teile zusammenzuhalten. So konnten einfache Häuser und atemberaubende Kathedralen errichtet werden. Sogenannte "Flying monks" (fliegende Mönche) trieben den Gerüstbau damals weiter voran. Bis ins 20. Jahrhundert wurden Gerüstbauermönche speziell für den Bau von Sakralbauten mithilfe von Gerüsten ausgebildet. Ihre Gerüste bestanden unter anderem aus stabilen Kanthölzern, die durch Seile und Querstreben verbunden waren. Auch Ladekräne wurden immer öfter eingesetzt. Zudem gab es auch Gerüste aus Stein. Diese wurden in die Architektur des Gebäudes integriert. Ein berühmtes Beispiel dafür ist der Turm der Kathedrale von Chartres (Frankreich).
  • 19. Jahrhundert: Mit Beginn der industriellen Revolution strebte die Menschheit im Bauwesen und der Industrie hoch hinaus. Wie schon in den Jahrhunderten zuvor spielte der Gerüstbau eine tragende Rolle bei der Umsetzung verschiedenster Bauvorhaben. Die Erfindung des Stahls revolutionierte auch die Gerüstbaubranche!
    Zeit-, Arbeits- und Kostenersparnis – Aspekte, die damals wie heute erforderlich sind, um mit den Anforderungen der Bauherren gerecht zu werden. Um alte Gerüstsysteme überhaupt stabil installieren zu können, mussten metertiefen Löcher in den Boden gegraben werden. Die mindestens 8 cm dicken Holzstangen, die mit Ketten oder Drahtseilen zusammengehalten wurden, boten kaum Spielraum für Modifikationen. Nach jahrhundertelanger Nutzung wurden flexiblere, schneller aufzubauende Materialien gebraucht. Zu dem damals weltweit verbreitetem Stangengerüst gesellte sich nun das deutlich flexiblere Rohrkupplungsgerüst.
Exkurs: Rohrkupplungsgerüst
  • 20. Jahrhundert: Gerüste wurden immer weiter verbessert. Systemgerüste (Rahmen-, Modul- und Ringlock-Gerüste) haben sich inzwischen etabliert und ersetzen die einst revolutionären Rohr- und Kuppulungsgerüste immer häufiger. Diese neuartigen Gerüstsysteme kommen mit weniger Einzelteilen aus und zeichnet sich durch einfachere, schnellere Verbindungstechniken aus. Neue Materialien wie Aluminium und Kunststoffe punkten zudem auch noch mit geringerem Gewicht.
  • 21. Jahrhundert: Nicht nur Material und Technik werden seit Generationen optimiert. Auch die Arbeitssicherheit im Gerüstbau wird immer wichtiger. Normen, Gesetze und Regeln wurden eingeführt, um die Sicherheit der Arbeiter und der Öffentlichkeit zu erhöhen. (Gern können Sie sich darüber konkret in unserem Abschnitt "Infos & Downloads" informieren.) Ausbildungen werden in vielen Ländern angeboten und weitere Schulungen erweitern das Können der Gerüstbauer. In Deutschland besteht die Möglichkeit die Meisterschule für Gerüstbau zu besuchen.
    Die Anforderungen an die Gerüste und Gerüstbauer nehmen stets zu - zum Beispiel müssen die Gerüste im Hochbau besonders stabil und im Fassadenbau sehr flexibel sein, um den unterschiedlichen Formen und Strukturen der Objekte gerecht zu werden. Hinzu kommt der wachsende Wunsch nach Nachhaltigkeit. Daher werden Gerüste unter anderem aus umweltfreundlicheren Materialien wie recyceltem Aluminium und Holz hergestellt. Gerüstmaterial ist wiederverwendbar und somit ein nachhaltiger Einsatz gesichert. Auch die Digitalisierung spielt eine immer wichtigere Rolle im Gerüstbau, um noch schneller, präziser und ressourcenschonend planen und einrüsten zu können.

Die Zukunft

Ohne Gerüste sind viele Vorhaben in den Bereichen Handwerk, Architektur, Sanierung, Renovierung, Instandhaltung von Infrastruktur, Industrie, Events und vielem mehr schlichtweg nicht möglich. Insgesamt ist der Gerüstbau eine wichtige Branche mit einer uralten, spannenden Geschichte der Entwicklung und des Fortschritts. Zwischen Herausforderungen und Chancen für die Zukunft bleibt der Gerüstbau ein unverzichtbares Hilfsmittel für andere Gewerke.

 



 
 
 

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